Re: Wir sind, was uns überzeugte
von hanjoheyer » Do 3. Jan 2008, 10:32
Hallo Akhyor,
am Beispiel 'Bienen' lässt sich gut zeigen, dass es nicht nur um meine Überzeugung geht, sondern auch um das, was ich für den Bien am besten halte. Es ist zwar auch meine Überzeugung, mein Glaube, dass das Nichtbehandeln des Biens für mich UND den Bien das Beste ist, aber ich bin auch davon überzeugt, dass es richtig ist, nicht meinen Willen gegen den Bien durchzusetzen, sondern den 'Willen des Biens' zu berücksichtigen, weil ich weiß, dass meine Überzeugungen zum Scheitern meines Imkerns führen würden, wenn ich den Willen des Biens nicht berücksichtige.
Mit anderen Worten: Ich bin davon überzeugt, dass meine vom Bien unabhängige Überzeugung zum Scheitern der Imkerei führen würde. Also versuche ich mich in die Ansprüche des Biens hineinzudenklen/-fühlen, um meine Überzeugungen dem Willen des Biens anzupassen (unterzuordnen). Ich will dem Bien helfen, indem ich dessen 'Interessen' vertrete.
Selbstverständlich sind die Interessen des Biens Unterstellungen von mir. Niemand weiß, ob und was Bienen wollen. Nach meiner Überzeugung wollen Bienen sich vermehren. Der Imker will Honig, bestäubte Blüten (viel Obst) und Geld. Im Wissen, dass ich meine Ziele nur mit dem Bien und nicht gegen ihn erreiche, arbeite ich für das Wohl der Bienen.
Im Bien-Mensch-Verhältnis ist das Miteinander ein leicht verständliches Ziel. Jeder Imker weiß, dass es letztlich nur im großen Miteinander möglich ist, Erfolg zu haben.
Weltanschauliche Differenzen gibt es erst nach dem Auftauchen von Bienenkrankheiten wie zB der Varroose. Die Krankheitserreger werden aufgrund unserer Kultur als Feinde interpretiert, die ausgerottet werden müssen. Da die Ausrottungsversuche fehlgeschlagen sind, plädiere ich in Bezug auf Krankheiten für ein Umdenken: auch Krankheitserreger lassen sich im großen Miteinander besser 'bekämpfen', als im Gegeneinander.
Zu dieser Überzeugung bin ich gelangt, weil ich nicht mehr krank wurde, seit ich meine Krankheiten nicht mehr bekämpfe, sondern sie als Aufforderung deute, mein Leben zu ändern. Diese Erkenntnis wende ich auf meine imkerliche Betriebsweise an: Ich will nicht mehr Gift in die Bienenstöcke sprühen, sondern die Betriebsweise meines Imkerns ändern. Ein bienengemäßes Imkern hält den Bien gesund, obwohl es die Milben nicht ausrottet.
Als Bestätigung dieser Überzeugung werte ich das Leben wildlebender Bienen, die es häufig schafffen, ohne medikamentöse Behandlung trotz Varroamilben zu überleben.
Das Verhältnis Mensch - Bien - Milb lässt sich nun auf andere Themen übertragen. ZB auf den Krieg, den Konkurrenzkampf allgemein. Dieser Kampf erzeugt ein Selbstmodell im Menschen, das ich EGO nenne. Das EGO ist weit enfernt vom großen Miteinander, da es von ihm entfremdet ist.
Purer Egoismus ist deshalb dumm. Und wie steht es mit purem Miteinander - mit reiner Kontemplation und Verschmelzung mit dem Weltgeist aus? Das wäre die völlige Auflösung. Das möchte ich auch nicht. Also wähle ich einen Mittelweg, den ich intelligentes Handeln nenne.
In diesem Sinne kritisiere ich auch die Evolutionstheorie. Sie ist zu sehr als Krieg gedacht. Reine Weltgeisttheorien lehne ich ebenso ab. Bleibt als Mittelweg die Intelligenz oder die Willensfreiheit. Aus diesem Grund sehe ich als Triebkräfte der Entwicklung des Lebens nicht (zufällige) Mutation und Selektion (Leid, Krieg), sondern die Verwirklichungsgeschichte von freiem Willen.
joachim