http://www.zeit.de/2008/02/Mali
Letzter Feldzug
Von Karin Finkenzeller
Die Baumwollbauern von Mali drohen jetzt ihren Kampf gegen die Gentechnik zu verlieren
... Und dann ist da noch der mächtige Gegner jenseits der Grenze zu Burkina Faso, der bloß darauf wartet, dass die Baumwollbauern in Mali Schwäche zeigen.
Dort wartet Monsanto, der Weltmarktführer für gentechnisch verändertes Saatgut.
Der amerikanische Agrarkonzern experimentiert mit neuartiger Baumwolle. Sie verspricht weniger anfällig für Schädlinge und ertragreicher zu sein als herkömmliche Sorten. Kann Monsanto dies beweisen und haben die Baumwollbauern in Mali weiterhin schlechte Ernten, dann könnte ihr bisheriger Widerstand gegen den Gen-Konzern vergebens gewesen sein.
Sie sind Kleinbauern in einem der ärmsten Länder der Erde. Und sie wehren sich seit vier Jahren erfolgreich gegen eines der mächtigsten Unternehmen der Welt. Schon das ist erstaunlich genug. »Am Anfang dachten wir, wir hätten keine Chance«, sagt Bengaly. ....
Die Verheißungen sind groß: Der Einsatz der Schädlingsbekämpfungsmittel könne auf ein Drittel gesenkt, die Ernte bis zu 50 Prozent gesteigert werden. Und das nur, weil die Monsanto-Baumwolle ein Bacillus thuringiensis (Bt) genanntes Bakterium in sich trägt, das für die ungewollten Insekten giftig ist. Präparate auf Bt-Basis sind sogar im ökologischen Landbau erlaubt. »Die technischen Vorteile der Bt-Pflanzen sind schwer zu bestreiten«, schreiben US-Wissenschaftler in der Fachzeitschrift AgBioForum. »Die Bt-Baumwolle wäre für Mali zweifellos ein Gewinn«, sagt Monsanto-Sprecher Colin Merritt.
Für Malis Baumwollpflanzer ist sie dennoch Teufelszeug. »Auf dem Spiel steht ein Gesellschaftssystem«, erklärt Souleymane Ouattara, Soziologe und Leiter des Centre Djoliba für politische Bildung in Sikasso, Hauptstadt der gleichnamigen Region. Bisher nämlich bewahren die Bauern nach jeder Ernte einen Teil des Saatguts für die Aussaat im nächsten Jahr auf oder erhalten die Samen kostenlos von der staatlichen Textilgesellschaft CMDT. Kommt es zu Engpässen oder will einer der Pflanzer im Dorf noch einmal nachsäen, hilft man sich gegenseitig aus. Genau das aber verbietet der Monsanto-Saatgut-Vertrag, der die Bauern verpflichtet, jedes Jahr neue Gen-Samen beim Konzern zu erwerben.
Das wollten sich die Bauern in Mali nicht bieten lassen – und wehrten sich. ...
»Die Leute pflanzen die Baumwolle nicht freiwillig an, sondern weil sie dazu gezwungen sind«, sagt Ibrahim Coulibaly, Chef der Agrargewerkschaft CNOP. Die Baumwolle in Mali ersetze fehlende Agrarkredite. Der Staat nimmt garantiert die gesamte Ernte ab. Doch obwohl die Ernte von Jahr zu Jahr geringer ausfällt, wird die staatliche Textilgesellschaft nur rund 160 Franc pro Kilo bezahlen. Das sind umgerechnet 24 Cent. »Die Baumwolle bringt unserer Wirtschaft die nötigen Devisen. Aber die Bauern verlieren Geld«, sagt Coulibaly. Die Weltbank verbietet dem Staat, seine Bauern angesichts der verfallenden Weltmarktpreise zu subventionieren, wie dies die Vereinigten Staaten mit ihren Farmern tun. Sie dringt sogar auf eine Privatisierung der Textilgesellschaft CMDT noch 2008. »Was wird, wenn die neuen Besitzer das Saatgut nicht mehr kostenlos verteilen und die Ernte nicht garantiert abnehmen?«, fragt Coulibaly. Es könnte der Moment für Monsanto und die übrigen Genfirmen sein. Der Moment, vor dem sich Gongassos Bürgermeister Bengaly und die anderen Kleinbauern seit vielen Jahren so sehr fürchten.
Mein Kommentar: Hier outet sich das menschenverachtende, perfide Zusammenspiel der Weltbank mit Monsanto: die Weltbank verweigert Kredite an Mali, wodurch das arme Land gezwungen ist, sich auf die Haupteinnahmequellen zu konzentrieren: Gold und Baumwolle. Dann verbietet sie dem Land, die Baumwolle zu subventionieren. Dass die USA ihre eigenen Baumwollproduzenten subventioniert, wird hingegen nicht verboten. Diese ungerechte Praxis der Weltbank bewirkt, dass die Bauern in Mali verarmen. Im Artikel heißt es: "Aber die Bauern verlieren Geld". Das Ziel der Weltbank ist erreicht. Wohin fließt das Geld, dass die Malinesen weniger haben? Letztlich in jene Länder, die von der Weltbank bevorteilt werden. In die Enge getrieben, so der Plan, sind die malinesischen Bauern bereit, ihre Kultur zu verraten (ihre Seelen zu verkaufen) und Monsanto-Baumwolle zu säen. Der Pakt mit dem Teufel , der da lautet, dass, wer Genbaumwolle vom Nachbarn bekommt, Lizenzgebühren an Monsanto zahlen muss, bedeutet das Verspielen jeglicher Unabhängigkeit von fremden Mächten.
In http://www.zeit.de/online/2008/02/besse ... t?page=all erfahren wir, dass ein freier Kapitalismus nur dort (zB von der Weltbank) erzwungen wird, wo er den Großkonzernen nützlich ist. Wo er ihnen zum Problem werden könnte, setzen sie auf staatliche Regulierungen und Subventionen. Zitat: "Deshalb fürchten die Konzerne nichts mehr als tatsächlichen Wettbewerb."
Nachwort: Ich stänkere hier gegen Monsanto & Co. unter anderem, weil ich bereits im Vorfeld gegen die Züchtung einer genmanipulierten Monsantobiene kämpfe. Oder glaubt hier noch jemand, die Konzerne forschen noch nicht nach einer pestizid- und varroaresistenten Gen-Biene? Und wenn wir diese pestizidresistente Biene haben, bekommen die Menschen pestizidverseuchten Honig auf den Tisch. Dann muss man nur noch einen pestizidresistenten Menschen in den Laboren erzeugen - und die Welt ist wieder in Ordnung...