Wolfgang Golz




Wolfgang Golz

Ungelesener Beitragvon hanjoheyer » Mo 31. Mär 2008, 23:32

Das beste Bienenbuch seit Langem, das ich gelesen habe: die kleine Broschüre "Auf dem Weg zu einer neuen Landbiene", 1982

Golz räumt auf mit all diesen Reinzüchtern und Kreuzungszüchtern, die die Landbiene für etwas Minderwertiges halten. Das Gegenteil ist (nach Golz) der Fall. Im Versuch, seine gut 30-seitige Broschüre zusammenzufassen, möchte ich sagen:

Eigentlich habe wir nur eine Bienenrasse in Europa, die Mellifica (oder Mellifera). Sie hat sich an die verschiedenen klimatichen Bedingungen und Vegetationsbedingungen angepasst und Unterarten gebildet, die wir dann M. Mellifera, M. Carnica, M. Ligustica usw bezeichnen. Für jede dieser Unterarten gibt es heute eine Region, an die sie angepasst und demnach gebunden ist. Nimmt man eine Unterart aus ihrer Heimat heraus und siedelt sie anderswo an, wird sie früher oder später krank und verliert ihre vermeintlichen Vorteile gegenüber der alteingesessenen Unterart. Kreuzungen verschiedener Unterarten bringen immer eine Verschlechterung der Anpassung.

Im Verlaufe von Jahrtausenden habe sich zB eine Grenze zwischen Nordbiene (Dunkle Biene Mellifica) und südlichen Rassen wie Carnica, Caucasica u.a. herausgebildet, die in einem Teilstück etwa zwischen Wien und Krakau, 500 km südlich an Moskau vorbei bis zum Ural verläuft. Nördlich dieser Linie überwiegt das feuchte atlantische Klima mit langem unbeständigen Frühlingswetter und Kälteeinbrüchen bis in den Frühsommer, südlich überwiegt das trockenere Kontinentalklima mit schnellem Übergang zwischen Sommer und Winter.

Man möge einfach einmal die Frage bedenken, warum es zB die Carnica nicht aus eigener Kraft schaffte, nach Deutschland zu kommen. - Weil sie in Gebieten nördlich der Grenze ihres Ausbreitungsgebietes nicht angepasst ist und zB zu früh in Brut geht und im Winter zu wenig Winterbienen erzeugt. Manchmal scheitert sie an ihrem kleineren Flugradius. Irgendwann kommt immer der vernichtende Rückschlag.

Die Züchter haben diese natürlichen Grenzen mißachtet und haben damit viel Elend über den Bien und die Imkerei gbracht. Golz führt die großen Völkerzusammenbrüche und alle Krankheiten auf auf die Fehler der sog. Reinzüchter und Kreuzungszüchter zurück.

Golz plädiert für die Landbiene - ohne Reinzucht, ohne Einkreuzungen. Und gezüchtet wird nur durch Auslese und Vermehrung der Besten, bzw. durch Ausmerzung der Stecher, der Kranken und der Ertragsarmen. Zur Ausbügelung der Schäden, die die Züchter veruracht haben, empfiehlt er allein die Einkreuzung der einst hier heimischen Nordbiene, da sie bereits bestens an unser Klima angepasst ist.

Nachtrag 13.4.: Golz unterscheidet zwischen negativer und positiver Selektion bei der Zucht. Die positive verwirft er; die negative empfiehlt er. Bei positiver Selektion wird von der besten Königin nachgezogen und alle anderen Völker mit ihren Nachkommen umgeweiselt. Die Folge ist Inzucht und Schwächung des Immunsystems: Der Bien verarmt an Fähigkeiten, mit Extremen umzugehen. Bei negativer Selektion werden nur die schlechtesten Königinnen abgedrückt (wenn es der Winter nicht schon besorgt), also die Stecher, die Kranken , kurz: jene, die negativ auffallen. Bei dieser Art der Selektion bleibt das genetische Spektrum breit; die Biene kann sich an das lokale Klima anpassen und wird/bleibt gesund. -

Diese Kürzestzusammenfassung ersetzt in keiner Weise die Lektüre dieser wichtigen Broschüre. Sie ist das wichtigste Werk über Bienen und Imkerei, das ich bisher gelesen habe.

Übrigens: Den Siegeszug der Varroamilbe sieht Golz dem oft fehlenden Brutstopp des Biens "gedankt". Er schreibt, dass die an unser Klima angepasste Landbiene im Winter einen langen Brutstopp einhält, und dass der Imker während der Saison einen künstlichen Brutstopp erzeugen sollte, wie er auch beim natürlichen Schwärmen passiert. Vom Drohnenbrutschneiden hält er nichts. Vielleicht sollte ich mich an den Rat eines Imkers halten, der mir empfahl, einfach nur die Völker zu entweiseln und einen Brutstopp zu erzeugen, bis sich die Völker eine neue Kö nachgezogen haben.
Solange ich jedoch meine Völker noch vermehren möchte, halte ich die Methode, die Völker in weisellose Brutlinge und weiselrichtige Fluglinge aufzuteilen, für besser.
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Re: Wolfgang Golz

Ungelesener Beitragvon solarplexus » Di 1. Apr 2008, 07:53

Und selber imkerte er mit einer Karpaten-Carnica ....
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Re: Wolfgang Golz

Ungelesener Beitragvon hanjoheyer » Di 1. Apr 2008, 19:00

Er schrieb, dass er viele Rassen ausprobiert hat, u.a. die Buckfast, 10 Jahre lang. Er musste wohl viele Fehler machen, um zu lernen und zu jenem Wissen zu gelangen, das er dann in dieser Broschüre niedergeschrieben hat. Erst nachdem er (oder seine Imkerkollegen) viele importiere Völker verloren hatte(n), kam er auf die Idee, dass die lokal angepasste Biene die Zuverlassigste ist. Er blieb von mehreren größeren Massensterben, die es damals auch schon gab, verschont. Erst nach solchen Rückschlägen begann er dann, sich für die oft als minderwertig eingestufte Landbiene zu interessieren und er fand ihre großen Vorteile.
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Re: Wolfgang Golz

Ungelesener Beitragvon solarplexus » Do 3. Apr 2008, 08:13

Ja schon, lies noch mehr von Golz (den ich übrigens sehr schätze) und sieh, das seine lokal angepasste Biene auf der Basis einer Karpaten-Carnica "gezüchtet" wurde.
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Re: Wolfgang Golz

Ungelesener Beitragvon hanjoheyer » Do 3. Apr 2008, 09:26

solarplexus hat geschrieben:Ja schon, lies noch mehr von Golz (den ich übrigens sehr schätze) und sieh, das seine lokal angepasste Biene auf der Basis einer Karpaten-Carnica "gezüchtet" wurde.


Hallo solarplexus,

warum tat er das? Hielt der die Karpatenbiene für eine, die an unser Klima besser angepasst ist, als unsere "verzüchtete" Landbiene? Glaubte er, mit der Einkreuzung der Karpatenbiene die "neue Landrasse" schneller wiederzubekommen? In der Broschüre schreibt er Entsprechendees über die Nordbiene, die einzukreuzen er nicht ablehnte.

Er akzeptiert, dass die Landrasse durch wilde Einfuhren fremder Rassen nahezu zerstört ist. Allerdings schrieb er auch, dass die Landbienen viel weniger Carnica ist, als die meisten Imker glauben, denn die Gene der Nordbiene würden sich früher oder später immer wieder durchsetzen - und würde man nicht viel Energie auf Reinzuchten verschwenden, würde sich die Nordbiene von selbst wieder hier etablieren.

Übrigens: als ich ein Buch von Ruttner über Bienenzucht las, wurde die Carnica als Biene mit breiten Filzbinden beschrieben. Es gab auch Abbildungen, mit denen ich dann meine "Carnicas" verglich. Und oh Wunder: Meine haben schmale bis mittelbreite Filzbinden. Habe ich die Nordbiene, ohne es zu wissen???
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