Unije-Projekt




Unije-Projekt

Ungelesener Beitragvon hanjoheyer » Mi 6. Feb 2008, 09:56

Im Deutschen Bienenjournal 6/2005, S. 43/44 lese ich heute einen Beitrag von J.P. van Praagh über das Unije-Projekt. Im Jahre 2000 wurden auf der kroatischen Insel Unije Bienenvölker unterschiedlicher genetischer Herunft ausgesetzt und sich selbst überlassen. Im Oktober 2004 lebte nur noch ein einziges Volk, welches sich bis zum Ausgabedatum des Heftes bester Gesundheit erfreute. Das Volk habe sogar einige "unangenehme" Verhaltenseigenschaften verloren. Trotz all dieser Vorteile - positive Eigenschaften, Varroaresistenz - wurde das Volk nicht als Zuchtvolk eingesetzt, da es keine "Original Carnica-Herkunft" hatte.

Wir sehen an diesem Beispiel, dass die Varroamilben kein Problem der Bienen, sondern der Imkerschaft sind. Es sind sozusagen die Imker, besser: die Züchter, deren Hirne varroaverseucht sind. Sie "denken" offenbar: "Eine tote Carnica ist besser, als jede lebende, gesunde andere Biene!" Dass die Varroose auch die Folge von Inzucht sein könnte, kommt ihnen nicht in den Kopf.

Wir haben also folgene Chance verpasst: die Existenz einer rassisch unsauberen varroaresistenten Nichtzuchtbiene! Unsere Experten wollen sie nicht. Sie wollen sich das Geschäft mit der prämierten, gekörten REINzuchtkönigin nicht verderben. Die ist zwar nicht varroaresistent, aber das macht ja nix, man verkauft im nächsten Jashr gern wieder eine dieser Superköniginnen.

Ich schreibe diesen Beitrag aus einem weiteren Grund: Beim Unijeprojekt wurde mit einer Vielzahl von Völkern begonnen und es wurde mit nur einem Volk beendet. Frage: Mit wievielen Völkern hätte das Projekt beendet werden können, wenn man mit nur einem einzigen Volk begonnen hätte? Wäre es gestorben oder hätte es womöglich überlebt und sich gar vermehrt, weil es keine "horizontale Milbentransmission" - also die gegenseitige Wiederansrteckung der Völker untereinander - gegeben hätte?
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von Anzeige » Mi 6. Feb 2008, 09:56

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Re: Unije-Projekt

Ungelesener Beitragvon manne » Mi 6. Feb 2008, 12:31

Joachim, deinen Beitrag habe ich hier eben erst aufgeschlagen, sonst hätte ich meinen: http://www.imkerforum.de/showpost.php?p ... stcount=50
hier geschrieben.
Wie ich deine obigen Worte lese, bist du gedanklich am Puls des Themas.
Eins müssen wir dabei bedenken, ich meine es bei dir auch so gelesen zu haben, welches Volk
die notwendigen genetischen Voraussetzungen mitbringt, ist abzuwarten. Insofern muss man sich für
eine Strategie entscheiden, dies herauszufinden.
Es scheint auch so zu sein, dass es mittelfristig eine flächendeckende Aufgabe der Imker ist,
an der Varroatoleranz der Völker zu arbeiten.
manne
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Re: Unije-Projekt

Ungelesener Beitragvon hanjoheyer » Mi 6. Feb 2008, 15:45

Hallo Manne,

wie finden wir ein Volk mit guten Voraussetzungen? Meine (dank deiner Hilfe augestellte) These ist, dass ein vielversprechendes Volk - wenn es zwischen anderen varroaverseuchten Völkern steht - wegen horizontaler Transmission trotzdem eingehen könnte, und man hatte keine Chance, herauszufinden, dass es eigentlich vielversprechend war. Erst bei Alleinaufstellung hätte es seine varroaresistenten Eigenschaften zeigen können.

Zweitens könnte vielleicht auch (fast) JEDES Volk, das nicht gerade durch Reinzucht (= Inzucht) geschwächt ist, möglicherweise mit den Milben zurechtkommen. Wir wissen es nicht, vielleicht weil es noch niemand (außer dir?) richtig ausprobiert hat. Ich werde jedenfalls ein Volk separat aufstellen - im Umkreis von 2 km keine anderen Völker.

Vielleicht hat das letzte Unijevolk nur deshalb überlebt, weil es

1. eine "Promenadenmischung" war und
2. (zufällig?) das letzte auf der Insel war.

Es gab dann keine Reinvasion von anderen Völkern mehr und es konnte sich eine milde Milbe entwickeln.

Wenn Bien und Milb BEIDE ihr natürliches Verhalten zeigen dürfen, ist der Milb mild und der Bien genetisch nicht verarmt und deshalb gesund. Ich vemute, dass weder am Bien noch am Milb etwas gezüchtet werden muss. Das natürliche genetische Repertoir beider reicht vermutlich aus, um ein Zusammenleben beider Spezies zu ermöglichen, ohne dass beide aussterben. Und für den Imker wird trotzdem noch genug Honig übrigbleiben.
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Re: Unije-Projekt

Ungelesener Beitragvon manne » Mi 6. Feb 2008, 19:08

Hallo Joachim,

dein geplantes Vorgehen in diesem Jahr hört sich aus meiner Sicht gut an. Nur wenn es probiert wird, kommt man den berühmten Schritt weiter.

Mein Eindruck aus den anderen Foren ist, dass es die am allerbesten wissen, die sich am allerwenigsten für die praktische Etablierung der Varroatoleranz auf dem eigenen Stand interessieren.

Zweitens könnte vielleicht auch (fast) JEDES Volk, das nicht gerade durch Reinzucht (= Inzucht) geschwächt ist, möglicherweise mit den Milben zurechtkommen.

Für die Effekte der Schönzucht muss der jetzige Imker nicht verantwortlich sein. Das kann lange vor ihm passiert sein. Wenn lokal der genetische Fundus ruiniert ist, hilft unter diesen Bedingungen auch die Standbegattung nicht weiter. Die breit gestreuten Langzeiteffekte der Reinzucht sind daher auch die Grundlage meiner Vermutung, dass es mit den dies genießenden Carnicas, nicht gelingen wird, Varroatoleranz zu erreichen.

Übrigens lebte das Siegervolk von Unije noch mehrere Jahre bei einem deutschen Institut, bis es seinen Frieden mit ihm machte. Was damit tatsächlich alles angestellt wurde und wie viel Carnica möglicherweise daraus wurde, bleibt im Dunkeln.
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