Honig aus Dienstweiler




Honig aus Dienstweiler

Ungelesener Beitragvon hanjoheyer » Mo 24. Dez 2007, 12:59

Bei meinen fast täglichen Spaziergängen im April vorbei an blühenden Rapsfeldern fiel mir auf, dass es in der Gegend um Dienstweiler keine einige Honigbiene mehr gab! Vor 30 Jahren war das noch ganz anders: da summte es in den Rapsfeldern geradezu; auf jeden Quadratmeter kam mindestens eine Biene. Was war in der Zwischenzeit geschehen? Mein Interesse war geweckt. Ich recherchierte im Internet und fragte einen Imker aus einem Dorf 10 km weiter. Er meinte, es sei heute keine Seltenheit mehr, dass ganze Regionen quasi bienenfrei seien. Viele Imker haben die Bienenhaltung aufgegeben, da seit Anfang der 80er Jahre eine neue Krankheit, die Varroatose, eingeschleppt worden sei und den Imkern jede Freude am Hobby geraubt habe. Seit die Varroamilbe sämtliche Bienenstöcke Deutschlands befallen habe, seien die Zeiten einfachen, problemlosen Imkerns vorbei. Die Varroabehandlung sei nicht einfach zu handhaben; viele Imker haben sämtliche Völker verloren, manchmal mehrere Jahre hintereinander, und hatten dann einfach keine Lust mehr, weiteres Geld für den Kauf neuer Völker zu investieren. So gesellte sich zum Bienensterben ein "Imkersterben". Früher hatte noch fast jeder Bauer ein paar Bienenkästen. Er brauchte sich nur einmal im Jahr, bei der Honigernte, um seine Völker zu kümmern. Das sei heute vorbei: ständig müsse man den Milbenbefall der Völker im Auge behalten und gegebenenfalls Gegenmaßnahmen ergreifen.

Im Internet las ich zudem Horrormeldungen über ein großes Bienensterben in den USA. Dort grassiere eine Krankheit namens CCD. Bis zu 90 % aller Bienenvölker verließen ihre Stöcke und ließen nur die Königin und ein paar frischgeschlüpfte Arbeiterinnen auf sonst leeren Waben zurück. Auch in Deutschland gab es zB im Winter 2002/2003 Verluste von über 70 %.

Ich ließ mich von diesen schlechten Nachrichten nicht abschrecken und kaufte mir von zwei Imkern insgesamt drei Völker. Ein Volk erhielt ich als Einstandsgeschenk des Niederbrombacher Imkervereins und eines von einem Imkereibedarfshändler, bei dem ich meine Erstausstattung kaufte. Ein sechstes Volk war bereits ein erstes "Eigenprodukt" - ich machte einen Brutableger, in welchen ich eine gekaufte, angeblich varroatolerante Königin, hineinsetzte.

Meine Bienenvölker entwickelten sich prächtig; Honig erntete ich jedoch nur vom stärksten, dem sog. "Wirtschaftsvolk". Die anderen Völker waren nur kleine sogenannte Ableger. Sie werden, falls sie den Winter überstehen, erst im nächsten Jahr (hoffentlich) überschüssigen Honig produzieren, den ich dann ernten kann. Die Ableger hatten zwar auch schon etliche Waben mit Honig gefüllt, ich erwartete auch von ihnen reiche Ernte, aber dann kam der verregnete Sommer, und ich hatte Glück, rechtzeitig zu bemerken, dass die armen Bienen beinahe verhungert wären. Statt Honig zu ernten, musste ich die jungen Völker füttern. Das starke Volk, von dem ich 33 Gläser Honig geerntet hatte, hatte noch einmal fast dieselbe Menge Honig gespeichert, die ich nach der Kleeblüte abschleudern wollte, aber als ich nachschaute, waren von den 11 vollen Honigwaben (mit ca. 16 kg Honig) nur noch lächerliche fünf übrig.
Nach der Schleuderung dieser fünf Waben fütterte ich nun auch dieses Wirtschaftsvolk. Dabei machte dann einen Anfängerfehler - ich hatte den Deckel der Beute dieses starken Volkes nicht dicht genug gebaut - diesem Volk schwer zu schaffen. Die Bienen der anderen Völker rochen durch die Ritzen des Deckels das Zuckerwasser und begannen das Wirtschaftsvolk auszuräubern. Aufgrund meiner Unerfahrenheit bemerkte ich die Räuberei zu spät - ich deutete das Geschehen am Flugloch falsch - und das Volk gab sich schließlich selbst auf. Ich entnahm die Königin und setzte es auf ein kleines Volk obenauf. Seit dem habe ich nur noch fünf Bienenvölker.

Ab nächstes Frühjahr wird ein Schild über der Haustür für "Honig aus eigener Imkerei" werben, und ich hoffe, genügend Kunden für das Erzeugnis meiner Bienen zu finden. Es gibt für die Bürger Dienstweilers drei unschlagbare Argumente für meinen Dienstweiler Honig:

1. Lokaler Honig gegen lokale Pollenallergien. Ich als Nichtmediziner darf keine medizinisch relevanten Aussagen machen, aber ich denke, darauf hinweisen zu dürfen, dass es wissenschaftliche Arbeiten gibt, die zeigen, dass viele der Pollenarten einer Region, die Allergien auslösen können, auch im Honig enthalten sind, der in dieser Region gesammelt wurde (außer zB Gräserpollen). Wer im Winter Honig aus jener Region, in welcher er auch eine Pollenallergie bekommt, isst, kann sich mit dem Genuss des lokalen Honigs entsensibilisieren.

2. Honigkauf ist Vertrauenssache. Bei fremden Honigen weiß ich nicht, was noch alles drin ist. Deutscher Honig unterliegt strengen Qualitätsauflagen und garantiert, wenn er in den typischen DIB-Gläsern (Gläser des Deutschen Imkerbundes) verkauft wird, dass sich in Honiggläsern nichts außer Honig befindet. Letztens las ich in der Zeitung, dass zB 600 Tonnen mit Pestiziden belasteter Honig nach China zurückgeschickt wurde. Ausländische Billighonige aus dem Supermarkt erwecken immer mein Misstrauen.

Am 26.1.08 las ich - siehe Posting weiter unten - dass Kanadischer Honig mit genmanipuliertem Pollen kontaminiert ist und deshalb gefiltert wird, wobei er seine wertvollsten Bestandteile verliert.

Ausländische Honige sind auch niemals "Bio" oder "Öko" - auch nicht bei bester Qualität, denn man braucht für jedes Glas ausländischen Honigs im Schnitt noch einmal dieselbe Menge an Benzin, um ihn hier her zu verfrachten.

Ich werde meine Bienen, soweit es möglich ist, natürlich und bienengerecht behandeln - auch auf Kosten der Erntemenge. Den Fehler, den ich in meinem ersten Jahr machte - dem Wirtschaftsvolk die letzten acht Kilogramm Honig wegzunehmen, werde ich sicher nicht wiederholen. Meine Devise lautet: nur wenig füttern, den Bienen viel eigenen Honig belassen. Lieber ein paar Völker mehr halten.

3. Wer deutsche Honige kauft, unterstützt damit auch die Bestäubung deutscher Obstbäume und anderer Kulturpflanzen, die auf Befruchtung angewiesen sind. Honig kann importiert werden, nicht jedoch die Bestäubung der Blüten. Die Birnenernte fällt um bis zu 90 % höher aus, wenn die Blüten von Bienen bestäubt wurden, als wenn man auf Selbstbestäubung oder den wenigen Hummeln vertraut. Bei Raps sind 30 % mehr Ertrag zu erwarten; bei Apfelbäumen 40 %. Gut bestäube Erdbeerblüten werden zu viel dickeren Erdbeeren, als wenig bestäubte. (Die genauen Zahlen muss ich noch einmal recherchieren und werde sie bei Bedarf korrigieren).

Wer also in der Gegend um Dienstweiler Obstbäume, Erdbeerbeete oder gar Raps- und Maisfelder hat, sollte auch im eigenen Interesse den derzeit einzigen Imker in Dienstweiler unterstützen, indem er den von meinen Bienen erzeugten Honig kauft. Der Preis für ein 500-Gramm-Glas beträgt vorerst 3,50,- Euro. Dieser Preis ist 50 Cent niedriger, als er vom Deutschen Imkerbund als Mindestpreis vorgeschlagen wird; er entspricht jedoch dem in dieser Gegend üblichen Preis.

Sollte es mir allerdings gelingen, bei meinen Bienen ohne Medikamente auszukommen, sehe ich mich berechtigt, einen Preis zu nehmen, der über dem hier Üblichen liegt: 4,- Euro oder gar 4,50 Euro.

Ich verkaufe keine Sortenhonige, sondern ausschließlich Mischblütenhonig. Ich veröffentliche allerdings laufend, welche Trachtpflanzen meine Bienen anfliegen, sodass ich ungefähre Angaben über die Art des Honigs machen kann.

Angebot an Dienstweiler Landwirte:

Obwohl die Bestäubungsimerei in Deutschland noch nicht so verbreitet ist wie zB in den USA oder in den Niederlanden, möchte ich in dieser Region den Anfang machen und biete die Bestäubung von Feldern - hier hauptsächlich der Rapsfelder - gegen 30,- Euro pro Volk für den gesamten Zeitraum der Blüte, an. Die Bienenkästen werden dann unmittelbar neben (oder in) die Felder gestellt. Es werden vier Völker pro Hektar empfohlen. Als Gegenleistung biete ich - außer der Bestäubung selbst - 3 Gläser Honig pro vermietetes Volk. Sollte dieses Angebot angenommen werden, muss ich natürlich die Anzahl meiner Völker erhöhen, was insgesamt die Bestäubungssituation in und um Dienstweiler verbessert.
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Re: Honig aus Dienstweiler

Ungelesener Beitragvon hanjoheyer » Sa 26. Jan 2008, 12:45

Im Deutschen Bienenjournal 2/2008, S. 17, finden wir ein Interview mit dem kanadischen Alternativen Nobelpreisträger Percy Schmeiser, in welchem er erzählt, dass aufgrund der von der Firma Monsanto genmanipulierten Pflanzen die kanadischen Honige kontaminiert seien. Der heimische Honigmarkt sei deswegen zusammengebrochen; stattdessen werde der Honig nun u.a. nach Deutschland exportiert, wo er gefiltert und in den Verkehr gebracht werde.

Schön zu wissen, dass der Kanadische Honig, der von den Kanadiern selbst verschmäht wird, nun auf den Regalen unserer Supermärkte landet - und das für den stolzen Preis von 4,- Euro.

Dort soll er fortan auch stehenbleiben!!!!
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Re: Honig aus Dienstweiler

Ungelesener Beitragvon manne » Sa 26. Jan 2008, 13:12

Wenn ich mich recht erinnere, wurde vor Jahren wohl durch die EU festgelegt, dass Honig auch in filtriertem Zustand als ganz normaler üblicher Honig anzusehen ist und deshalb wohl keines Hinweises darauf bedürfe. Falls diese Erinnerung richtig ist, zeigt sich hier wie scharf auch auf diesem Feld in der konzeptionelle Vorbereitung die Abwendung von Folgen der Gentechnik für deren Emittenten frühzeitig geplant worden ist, mit dem Ziel, sie dem Konsumenten überzustülpen.
Das ist erfolgreiches Vorgehen, den Tief- bis Halbschlaf betroffener Konsumenten wie Produzenten in der EU sowie die Gleichgültigkeit vieler in diesem Zustand hart zum Bestandteil des eigenen Erfolgskriterium zu machen.
Demnach wäre Pollen der einzige Bestandteil (nachweisbar?) der dem Honig klaglos entzogen werden darf?

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Re: Honig aus Dienstweiler

Ungelesener Beitragvon hanjoheyer » Sa 26. Jan 2008, 13:17

Ich habe leider jahrelang diesen kastrierten, um viele wichtige Bestandteile beraubten Honig gegessen, bevor ich Imker wurde.

joachim
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Importhonig aus Tasmanien

Ungelesener Beitragvon hanjoheyer » So 27. Jan 2008, 10:43

Im Deutschen Bienenjournal 2/1996 finden wir auf S. 40 einen Reisebericht "Eine Imkerei auf Tasmanien", aus welchem wir erfahren, dass die Honige dort beim Schleudern auf 60 Grad erhitzt werden, damit er besser in die Eimer fließt. Auch der Honig vom Verdeckelungswachs wird aus dem Wachs ausgeschmolzen und dem Schleuderhonig zugegeben.

Eine derartige Praxis ist in Deutschland nicht erlaubt, da bei 60 Grad viele wärmeempfindliche wertvolle Bestandteile des Honigs zerstört werden. Deutscher Honig darf auf maximal 40 Grad erwärmt werden und hat allein aus diesem Grund schon eine höhere Qualität!

Hinzu kommt, dass die Tasmanier Mittelwände aus schwarzem Plastik benutzen! Ich möchte keinen Honig essen, in welchem die giftigen Weichmacher des Plastiks enthalten sind.

Wir sehen, billige Importhonige, stammen sie aus Kanada oder Tasmanien, sind von geringerer Qualität als unsere einheimischen Honige aus den DIB-Gläsern!
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Blühende Wiesen

Ungelesener Beitragvon hanjoheyer » Sa 1. Mär 2008, 22:26

Für Landwirte gibt es einen guten Grund, die Wiesen nicht vor der Blüte der Wiesenblumen zu mähen: Bienen und Hummeln verbreiten eine sog. "Kreuzhefe" oder "Nektarhefe" genannte Hefe in den Nektar der Wiesenblumen, von wo aus diese Hefen in die Mägen der Kühe gelangen, wo sie die Verdauung der Zellulose unterstützen. Es wurde nachgewiesen, dass Grünfutter, von dem Bienen und Hummeln ferngehalten wurden, von Kühen (aufgrund fehlender Kreuzhefe) um 20 % schlechter verdaut werden konnten, als von Bienen und Hummeln besuchte blühende Wiesen.

Die Kreuzhefe verhindert zudem die Infektion des Nektars mit schädlichen Hefen und sorgt auch auf diese Weise für die Gesundheit von Vieh und Bien.

Das zu frühe Mähen der Wiesen vor der Blüte erweist sich als Nachteil und nicht als Vorteil (angeblich "höherere Futterqualität"), wie heute leider viele Landwirte glauben.


Quelle: Eberhard von Hagen: Naturführer Hummeln
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