Nach meiner Lektüre über Bienenzucht (Bruder Adam, Ruttner u.a.) und einigem Nachdenken komme ich zu dem Ergebnis, dass die Züchter der Biene und (langfristig) dem Imker mehr schaden als nützen. Wir haben zB hier in der Nähe, in Thranenweiher, eine Belegstelle mit nur acht Carnica-Völkern (2007 waren es nur 4, da 4 Völker wegen rassefremder Merkmale weggenommen wurden). Zucht ist immer auch Inzucht - und bei Bienen ist bekannt, dass sie besonders stark durch Inzucht geschwächt werden. Es ist möglich, dass alle Bienen der Umgebung von diesen 8 Völkern abstammen.
Um eine gesunde Biene, die mit Krankheiten und Parasiten zurechtkommt, zu erhalten, sollten wir endlich mit diesen unsinnigen Züchtungsbemühungen aufhören und der in Millionen Jahren entwickelten genetisch vererbten Intelligenz des Biens vertrauen. Die einzigen Zugeständnisse an unsere Zeit, zu denen ich bereit bin, ist die Zucht auf Friedlichkeit (keine Stecher). Alles andere sollten wir der Natur, bzw. dem Bien selbst überlassen.
Daher mein Appell, zur Basiszucht zurückzukehren. Basiszucht bedeutet soviel wie der Verzicht auf Zucht. Wir überlassen die Entscheidung den Bienen, ob und wann sie umweiseln und von welchen Drohnen die Königinnen begattet werden. Wir sortieren vermeintlich schwache Völker nicht aus, weil wir nicht wissen, ob sie wirklich schwach sind oder ob sie intelligent auf einen bestimmten Umweltreiz reagieren. Wir töten keine Königin, nur weil sie zwei Jahre alt geworden ist. Königinnen haben eine natürliche Lebensdauer von bis zu fünf oder sechs Jahren - die Bienen werden wissen, warum das gut ist. Wenn die Königin versagt, merken das die Bienen selbst und weiseln um. Sie brauchen unsere ideologiebestimmten Eingriffe nicht.
Mein Zugeständnis an die Zucht auf Friedlichkeit begründe ich damit, dass die Bienen ihre Stecherfreudigkeit erworben haben, um sich gegen natürliche Feinde wie Bären, Wespen und andere Honigräuber zu wehren. Wir Imker sind jedoch keine Bienenfeinde, sondern leben in einer kulturellen Symbiose mit ihnen. Wir geben ihnen Wohnung und Schutz, sie geben uns Honig, Wachs und Propolis. Uns müssen sie nicht stechen. Selbstverständlich dürfen wir ihnen ihre Abwehrfähigkeit gegen Wespen nicht wegzüchten.
Stecher im Garten geht nicht. Friedliche Bienen im Garten geht sehr gut. Die Bienen haben sozusagen ein Interesse, mit uns gut zusammenleben zu können.
Ich habe gelesen, unsere einst hier heimische Landbiene, auch Nordbiene, Deutsche Biene, Dunkle Biene, lat. "Mellifera Mellifera", sei kaputtgezüchtet worden. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts sei es Mode gewesen, fremde Rassen einzukreuzen, bis irgendwann ein Mischmasch entstand, der keiner Klimazone mehr angepasst war und keinem Zuchtziel mehr entsprach - und man als Notbehelf die Carnica-Biene vom Balkan hier einführte (und die alte Mellifera ausrottete).
Jetzt wird mit der Carnica dasselbe Theater veranstaltet: sie wird totgezüchtet, wird mit der Buckfastbiene (Carnica- und Buckfastzüchter kommen sich gegenseitig ins Gehege und verderben sich gegenseitig ihre Zuchtergebnisse) und mit anderen Rassen gekreuzt, bis ein Gemisch entsteht, das alles andere ist, als ein natürlich gewachsener, an lokale Verhältnisse angepasster Genpool.
Um wieder eine natürliche Biene zu erhalten, sollten wir entweder zur Basiszucht zurückkehren oder die hier ehemals heimische Dunkle Biene, die es noch in Restbeständen in Skandinavien und anderen kleinen Rückzugsgebieten gibt, wieder einführen. Vielleicht wäre es auch das klügste, flächendeckend Basiszucht mit der etablierten Biene (Carnica) zu beginnen und immer wieder einmal eine Dunkle Biene einzukreuzen.
Da die Buckfastbiene, eine Kunstrasse aus vielen europäischen und afrikanischen Rassen, hier noch nicht so weit verbreitet ist, könnte man auf ihre Haltung in Deutschland evtl. ganz verzichten und sich auf die Basiszucht allein der Carnica-Landbiene (mit Mellifera-Einkreuzung?) beschränken. Die Buckfastbiene eignet sich nicht zur Basiszucht, da sie genetisch instabil ist.
Was ist eure Meinung zum Thema?
joachim