Vortrag Prof. Dr. Gerhard Liebig




Vortrag Prof. Dr. Gerhard Liebig

Ungelesener Beitragvon hanjoheyer » Di 31. Mär 2009, 07:18

Am 29.3. hielt Prof. Dr. Gerhard Liebig im Rahmen der Jahreshauptversammlung des Imkerkreisverbandes Birkenfeld in Niederbrombach einen Vortrag. Folgende Notizen schrieb ich in meinen Notizblock.

1. Ein Bienenvolk mit 36.000 Bienen und 40.000 Brutzellen (Stifte, Maden, Puppen) ist als superstark zu bezeichnen. Größere Völker habe er noch nie zu Gesicht bekommen.
2. Die Isolation der Bienenbeuten gegen Kälte - Styroporbeuten, Warmhalten der Beuten im Winter mit Isolationsmaterial, bringen nichts.
3. Frühjahrsreizung, Vertauschen der beiden Brutzargen zwecks Vergrößerung der Brutflächen bringen nichts.
4. Keine Honigertragsunterschiede zwischen Carnica- und Buckfastbienen.
5. Keine Verbesserung der Leistungen der Bienenvölker durch Umweiseln mit "besseren" - teureren - "Qualitätsköniginnen" von berühmten Züchtern. Die standbegattete vorsichtig ausgelesene Landbiene ist die beste.
6. Alle Betriebsweisen, in denen ungleichgroße Honig- und Brutzargen verwendet werden, sind umständlich.
7. Mitte bis Ende März sollten die Bienenvölker, was ihre Volksstärke anlangt, ausgeglichen werden, zB durch Umhängen von Brutwaben und/oder das Aufsetzen schwacher Völker über Absperrgitter über starke Völker. Dauer ca 4 - 5 Wochen. Danach kommen die verstärkten Völker an den Standplatz der "Spendervölker", damit auch sie Flugbienen bekommen.
8. Verwendung von Absperrgitter zwischen Brut- und Honigraum.

Ich schrieb folgende Email:

Sehr geehrter Herr Dr. Liebig,

Sie sagten in Ihrem Vortrag, dass Sie einige teure "edle Zuchtkönignnen" in eigene Völker einweiselten und dann diese Völker mit Völkern verglichen, die Königinnen eigener - wohl standbegatteter - Auslese enthielten. Das Ergebnis war: "Die eigenen sind die besten!"

Dieses Ergebnis dürfte von einigen Züchtern als unliebsame Provokation empfunden worden sein; schließlich schwören sie auf ihr "edles Bienenmaterial".

Ich selbst, der ich erst im 3. Jahr Imker mit derzeit acht Völkern bin, gehe andere Wege, als diese. Ich lehne die Nutzung der Belegstelle, sowie den Kauf auswärtiger Königinnen/Völker ab und setze ganz auf die standbegattete Landbiene und bin entschlossen, mit der Auslese angeblich minderwertiger Königinnen sehr vorsichtig zu sein. Ich hatte letztes Jahr zwei schwache Völker, die keinen Ertrag brachten. Ich ließ sie gegen den Rat erfahrener Imker bestehen und löste sie NICHT auf. Sie kamen am besten über den Winter und sind derzeit die stärksten Völker. Ich vermute, sie werden dieses Jahr zu meinen besten/ertragreichsten Völkern zählen. Ich fürchte, viele meiner Kollegen wollen viel zu viel züchten, auslesen - vermutlich weil sie im Fernsehen zu oft Filme über Darwin gesehen haben.

Trotz aller Kritik will ich den Züchtern ihre Erfolge nicht abstreiten. Vielleicht zeigen ihre Bienen am eigenen Stand überdurchschnittliche Qualitäten. Vielleicht "versagen" sie erst, wenn sie ihrem Heimatstand entrissen und anderswo eingeweiselt werden - zB in Ihre Völker zu Testzwecken. Ich kam auf diese Idee, nachdem ich in einem alten "Bienenjournal" von 1996 von Ihrem Test der Bienen des Österreichischen Berufsimkers Alois Wallner las, dessen Bienen angeblich varroaresistent sind, weil sie den Milben die Beine abbeißen. Sie weiselten 18 seiner Königinnen aus Österreich in eigene Völker in Hohenheim ein; die umgeweiselten Völker taten sich jedoch in Sachen Milben in keinster Weise positiv hervor. Ich bemängelte an Ihrem Test, dass Sie nicht berücksichtigten, dass der STANDORT der Bienen und die Tatsache des Umweiselns eine wesentliche Rolle bei der Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten (und beim Sammelfleiß) spielen könnte. Vielleicht sind Wallners Bienen nur varroaresitent, solange sie in dem Biotop leben, an das sie sich angepasst haben.

Vielleicht sind die sog. "Reinzuchtköniginnen" nur dann herausragend gut, wenn sie nicht in andere Gegenden verfrachtet und in fremde Vöker eingeweiselt werden. Vielleicht sind ganz einfach jene Völker die besten, die ihre eigenen Königinnen aufgezogen haben.

Ich lernte kurze Zeit später per Internet einen Imker kennen, der behauptet, seit etlichen Jahren keine Varroabehandlung mehr durchzuführen. Seine winterlichen Völkerverluste haben sich inzwischen auf 14 % eingependelt; die Überlebenden würden gute Honigerträge bringen. Er verkauft keine Königinnen, weil, so seine Behauptung, die Varroaresistenz verschwände, sobald die Bienen vom Heimatstand weggebracht würden. Seine Vermutung ist, dass im Laufe der Jahre die Milbe milde geworden seien, da sie nicht mittels Säuren auf Aggressivität "gezüchtet" worden seien wie sonst überall in der Welt. In andere Gegenden verfrachtet, bekämen es seine Königinnen schnell mit den aggressiven Milben zu tun - und die Varroaresistenz würde verschwinden.

Ich wollte diesem Imker nachstreben, aber als Neuling wollte ich die Sache vorsichtig angehen und die Varroa-Behandlung schrittweise verringern. Ich behandelte meine Bienen bisher ausschließlich mit ApiLifeVar (2 Steifen im Abstand von 3 Wochen unmittelbar nach der Schleuderung des Sommerhonigs nach der Lindenblüte) und vor Mitte Dezember Träufelung mit Oxalsäure.

In meinen ersten beiden Jahren als Imker verlor ich keine Völker; diesen Winter verlor ich zwei von zehn. Ein Volk ist wohl verhungert - es wurde im Herbst wohl zu stark ausgeräubert; Nachfüttern half nicht ausreichend - und das zweite Volk saß tot in den Waben, obwohl noch genug Futter da war. Vielleicht schafften es die Bienen aufgrund der langen Frostperiode nicht, in die obere Zarge mit dem Futter zu kommen. Vielleicht sind sie aber auch von der Oxalsäure umgebracht worden (eine Vermutung).

Frage: Haben Sie den "Heimvorteil" von Bienenvölkern gegenüber Weitgereisten und Eingeweiselten einmal untersucht? Vielleicht sind Ihre selbstgezogenen, standbegattete Königinnen/Landbienen nur deshalb besser, als die von fremden Gegenden eingeführten und in fremde Völker eingeweiselten "Edelköniginnen", weil das Verfrachten und Einweiseln selbst schwächende Faktoren darstellen?

Halten sie es grundsätzlich für möglich, dass es in Deutschland einen Imker gibt, der seine Völker nicht gegen Varroose behandelt und trotzdem Honigerträge erzielt?

Viele Grüße

Hans-Joachim Heyer
Imkerverein Niederbrombach
hanjoheyer
 
Beiträge: 403
Registriert: Fr 7. Dez 2007, 10:41
Wohnort: Dienstweiler im Hunsrück

von Anzeige » Di 31. Mär 2009, 07:18

Anzeige
 


Ähnliche Beiträge

Bienenforscher Dr. Gerhard Liebig
Forum: Bienen und Imkerei
Autor: hanjoheyer
Antworten: 7

TAGS

Zurück zu Bienen und Imkerei

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast

cron