Gotlandprojekt




Gotlandprojekt

Ungelesener Beitragvon hanjoheyer » Do 10. Jan 2008, 10:37

http://www.alp.admin.ch/themen/00502/00 ... 3p6YrY7P1o

Auf dieser Seite nach unten scrollen und auf "Biotechnische Massnahmen / Natürliche Selektion" klicken.

Nach mehrmaligem Lesen dieses Textes, besonders S. 3, zweitletzter Absatz ("die gesammelten Daten legen weiterhin nahe, .... Behandlungsmaßnahmen entfernen." fiel mir auf, dass den Varroamilben ein Trieb innewohnen könnte, Bienenvölker, die er allzusehr geschwächt hatte, sodass sie den Winter gerade so überlebten, fortan zu schonen, um sein eigenes Überleben nicht zu gefährden. Dieses Verhalten von sog. Schmarotzern ist plausibel, denn Schmarotzer, die ihren Wirt umbringen, sind benachteiligt gegenüber jenen, die ihn leben lassen.

Für mich bedeutet dies, dass es vielleicht gar nicht auf ein aktives Züchten einer 'milden Milbe' ankommt, sondern darauf, dass die Milbe nach einer Zeit des Gewährenlassens von selbst ihre Aggressivität, die sie m.E. ausschließlich durch Bekämpfungsmaßnahmen des Imkers annimmt, aufgibt und von selbst ein stabiles Bien-Milb-Verhältnis anstrebt.
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Re: Gotlandprojekt

Ungelesener Beitragvon manne » Do 10. Jan 2008, 13:30

Ja, Joachim,

dazu gibt es nun wirklich nicht mehr viel zu ergänzen.
Ich möchte lediglich anfügen, dass es auf praktischer Ebene darauf ankommt, die Biens und
die Milbs miteinander zu kombinieren, die es schaffen. Das ist die Stelle, an der der Wissenschaftler so
klug ist wie der bloße Imker und wo es mehr auf das Bauchgefühl, wenn es richtig funktioniert, ankommt
als auf akademische Weihen.
Noch anzufügen wäre die Vermutung, dass es auf beiden Seiten nicht ausschließlich auf den "guten Willen/das Erlernen"
anzukommen scheint, sondern auch auf "gewisse" genetische Voraussetzungen in den Geschwistergruppen, die nicht nur veranlagungsseitig mehr oder weniger streuen sondern im Ergebnis daran beteiligter "Inzuchttiere" zusätzlich mehr oder weniger genetisch arm/reich sein können.
Schließlich ist Varroatoleranz keine Einbahnstraße. Es kommt darauf an, ob man darauf immer näher am Ziel
oder mehr am Anfang darauf pendelt. Auch "Straßenverhälnisse" darauf können sehr unterschiedlich sein. Ohne eine Diskussion darüber entfachen zu wollen, platziere ich folgenden Link: http://www.keine-gentechnik.de/news-gentechnik.html und ergänze mit dem Hinweis auf PSM.

Gruß
Manne
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Re: Gotlandprojekt

Ungelesener Beitragvon hanjoheyer » Do 10. Jan 2008, 16:34

Hallo Manne,

vielen Dank für die Antwort - und den wichtigen LINK über die Entwicklung auf dem Gensektor.

Für mich war es beim wiederholten Lesen des Gotlandberichtes eine wichtige Entdeckung, dass sich die Milben bei einem bereits schwer geschädigten Volk plötzlich sanfter verhielten, als ob sie einen Trieb hätten (haben sie??), ihren Wirt nicht vollendes umzubringen, sondern auf eine friedlicheres Miteinander einzusteuern. Ich vermute, dass der Milb dieses Verhalten in der Grundausstattung seines genetischen Programms haben könnte. Darauf kann der Imker bauen oder?
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Re: Gotlandprojekt

Ungelesener Beitragvon manne » Do 10. Jan 2008, 18:30

Hallo Joachim,

ja, es scheint so, als wären die Voraussetzungen da, nur ob
- auf allen Ständen?
- in Völkern?
Wer meint, auf einer "Insel" mit der Umstellung auf Standbegattung deren Vorteile auch zu erlangen,
wird im Regelfall auf dem Holzweg sein. Das Demolieren der Genetik ist eben ab irgendwann "bei Strafe verboten".

Und es kommt auch noch darauf an, ob es dem Imker recht ist, die Kontrahenten es austesten zu lassen.
Nicht ohne Grund eilt gewissen Imkern ein gewisser Ruf voraus.

Gruß
Manne
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Re: Gotlandprojekt

Ungelesener Beitragvon hanjoheyer » Fr 11. Jan 2008, 09:58

Moin Manne,

ich möchte mal versuchen, deine mir kryptisch anmutende Antwort in meine Sprache zu übersetzen. Du meinst, Bien und Milb könnten inzwischen genetisch derart verstümmelt/verarmt sein, dass sich womöglich gar kein 'harmonisches' Bien-Milb-Verhältnis mehr einstellen kann? Das wäre natürlich fatal! Bliebe nur noch zu hoffen, dass die Sünden der Züchter (von der Natur) noch einmal vergeben werden!

Den 2. Absatz verstehe ich so, dass du meinst, es gebe Imker (also jene, denen der Ruf vorauseilt, sich selbst und nicht dem Bien zu dienen), die gar nicht wollen, dass die wahren Ursachen des großen Bienensterbens ans Licht kommen. Nun, diesen Verdacht habe auch ich, seit ich erfahre, dass mein Artikel über "Liebigs Wallnerbienentest" keine Resonanz bei den Imkern findet. Ich bin allerdings noch im Zweifel, ob die fehlende Resonanz darauf beruht, dass meine Analyse falsch ist oder darauf, dass sich die Imkerschaft aufgrund eines Unwissens über die naturwissenschaftliche Methodik, gepaart mit unangemessener unkritischer Wissenschaftsgläubigkeit, darauf verständigt hat, niemals einem Anfänger wir mir eine Lösung des Problems zuzutrauen.

Es ist ja auch richtig, dass ich das Problem noch nicht gelöst habe, aber es ist auch richtig, dass ich Dr. Liebig 2 Fehler nachgewiesen habe. Sicher ist, dass das Problem nur dann gelöst werden kann, wenn die Wissenschaft es seriös angeht und nicht länger vom Profit-Interesse jener Konzerne ausgebremst wird, die die patentierte Genbiene, die mit pestizidverseuchten Pollen klarkommt, herstellen wollen. Mich erschreckt die Aussage von "Bienenwerkstatt", dass die Genetik der Biene inzwischen derart verhunzt sei, dass es keinen Unterschied mehr mache, ob wir nun die lizenzierte "Monsantobiene" bekommen oder mit unserer genetisch verkrüppelten Landbiene weiterwursteln. Dass es schon so schlimm um unsere Biene steht, will ich nicht glauben.

Ich las irgendwo, dass unsere Bienenwissenschaftler sehr klar wüssten, was das Problem wirklich ist und was die Lösung ist, dass sie sich jedoch darüber ausschwiegen, weil sie um ihre berufliche Existenz fürchten müssten, wenn sie beides offen und ehrlich aussprächen. Wenn das stimmt, ist klar, wo das Problem und dessen Lösung wirklich zu finden ist: nicht im Bien, nicht im Milb, sondern im Wirtschaftsfaschismus.
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Re: Gotlandprojekt

Ungelesener Beitragvon manne » Fr 11. Jan 2008, 12:34

Hallo Joachim,

deine Hoffnung, dass noch nicht alle Bienen "genetisch zu verkümmert" sind, belegen inzwischen, wenn auch noch zaghaft die sich mehrenden Hinweise auf Erfolge auf dem Weg zur Varroatoleranz. Dass dabei nicht ganz identische Richtungen eingeschlagen werden, stimmt besonders hoffnungsvoll. Niemand kennt den Königsweg; es weiß auch niemand, ob es den hierfür überhaupt gibt.

Vor einiger Zeit notierte ich folgendes:
Varroatoleranz Standvölker
Üblich ist die Auffassung, Überlebensversuche müssten mit einer größeren Völkerzahl begonnen werden. Diese Konzeption war bisher aber wenig erfolgreich. Auf Unije überlebte nur ein Volk, das von Kefuß …(Jungels?) Was im Anschluss daran mit ihm in einem deutschen Institut unternommen wurde, liegt weitgehend im Dunkeln.
Daraus scheint hervorzugehen, dass es neben den Eigenheiten der Milben auch auf eine genetische Veranlagung des Biens ankommt, die es ihm gestattet, vom Milb akzeptiert zu werden, ganz gleich, wie das sich vollziehen mag.

Nachzuchten von den überlebenden Gotlandvölkern konnten sich in Deutschland bisher nicht behaupten. Aber auch auf Bornholm lebende varroaresistente Völker vermochten die Eigenschaft in Deutschland bis auf Ausnahmen nicht aufrecht zu erhalten.
Diese Umstände bestätigen, was ich schon länger vermute, Varroaresistenz scheint zumindest zunächst nur regional etablierbar zu sein. Die Gründe dafür wurden hier im Forum schon angesprochen. Ergänzend möchte ich hierzu auf J.v.Praagh hinweisen: http://www.buckfast.de/de/pdf/BI3-03.pdf .
Insbesondere die Ausführungen zum Ökotyp unterstreichen die Wichtigkeit einer örtlich angepassten Biene.
Hierzu passt auch ein Aufsatz von Thomas Kober zur Varroatoleranzzucht aus 2001: http://www.buckfast.de/de/pdf/BI3-01.pdf .

Es könnten, zumindest vorübergehend, regionalspezifische varroatolerante Bienenpopulationen notwendig werden. Deshalb sollte darüber nachgedacht werden, ob es auch regionalspezifische Varroapopulationen, in Verbindung mit Viren- und anderen Schadpotenzialen unter den Varroen geben könnte. Doch mit dieser Hoffnung wäre bereits der nächste „Pferdefuß“ verbunden, denn die Verbreitung spezifischer Varroamilben, u.a. durch Wanderungen mit den Bienen, wird wesentlich anders verlaufen als die Verbreitung spezifischer Abwehrmechanismen unter den Völkern. Insofern könnten Bienenwanderungen, zumindest während der Anfänge der Etablierung von Varroatoleranz in den Völkern eines Standes zu Gefährdungen oder sogar zu Rückschlägen beim Aufbau von Varroatoleranz am jeweiligen Zielstandort der Wanderung führen.

Inwieweit sich Varroatoleranz in Wandervölkern aufbauen lässt, bedarf gesonderter Erfahrungen und Überlegungen, vermutlich auf der Grundlage von Völkern, die sich als Standvölker über Jahre als varroatolerant erwiesen haben.

Der Weg zu Varroatoleranz ist steinig und unberechenbar. Rückschläge sind auch nach einer Reihe erfolgreicher Jahre nicht auszuschließen, wobei neben der Varroa auch völlig andere Fartoren eine Rolle spielen können.

Allgemein gilt, wo Risiken sind, dort sind auch Chancen. So ist nach meinem Verständnis auch ein Jahr mit hohen Völkerverlusten zu beurteilen. Was überlebt hat (Biens, Milbs), könnte erfolgversprechende Ansätze für weitere Eigenschaften besitzen, die für die Gestaltung der Balancemechanismen notwendig sind.

Letztendlich ist es auch völlig gleichgültig, ob wir wissen, was sie tun und wie sie es tun, wenn sie tun. Als schädlich erachte ich es aber, die Mechanismen vorschreiben zu wollen und als verwerflich, danach zu selektieren.


Was den Ruf gewisser Imker anbelangt, der ihnen vorauseilt, meine ich, dass darunter auch Geizkragen, Knickhälse usw. sind...

Gruß
Manne
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Re: Gotlandprojekt

Ungelesener Beitragvon hanjoheyer » Fr 11. Jan 2008, 15:26

Hallo Manne,

vielen Dank für den aufschlussreichen Beitrag.
Deine Idee/Erkenntnis, eher mit einem Volk, als mit mit einer großen Anzahl bei der sog. 'Varroatoleranzzucht' zu beginnen, erachte ich als entscheidend. Seltsamerweise dachte ich heute morgen genau dasselbe, nämlich als ich darüber nachdachte, dass du und auch Bernhard mit einem einzigen 'varroafesten' Volk begonnen habt. Dann dachte ich an meine fünf Völker und an die Frage, ob ich für einen Neubeginn entgegen meines bisherigen Denkens zuviele statt zu wenige Völker habe. Ich konnte das für mich nicht entscheiden und vergaß den wertvollen Denkansatz wieder. Erst die neue Lektüre über die horizontale und vertikale Milbenausbreitung (Transmission), die 'meine' Theorie von der milden Milbe bestätigte und - wichtig! - in eine griffigere Sprache brachte, ließ mich erst die Wichtigkeit deiner Aussage vom Beginn mit nur einem Volk begreifen.

Nun, da ich noch klarer weiß, dass es auf vertikale Transmission ankommt, kann ich natürlich auch mit 5 Völkern darauf achten, dass sie stattfindet. Ich muss mich nicht sklavisch an die 1- Volk - Idee klammern, wenn ich weiß, worauf es ankommt.

Nachdem ich nun die beiden Aufsätze (s. Links von Manne) gelesen habe, ist klar, was mit meinen 5 Völkern zu tun ist: ein Überlebenstest aller Völker, wobei jene Völker, die bei denen absehbar ist, dass sie den Test nicht überleben werden (mehr als 25 Milben pro 100 Bienen), behandelt werden. Die horizontale Transmission der 'Killermilben' wird dadurch verhindert. Die (milderen) Milben der überlebenden Völker dürfen die behandelten Völker reinvasieren. Hiermit ist gewährleistet, dass die vertikale Transmission nicht unterbrochen wird.
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Re: Gotlandprojekt

Ungelesener Beitragvon manne » Fr 11. Jan 2008, 21:04

Hallo Joachim,

separiere deine "Hoffnungsvölker" so, dass sie den größeren Abstand zu anderen Völkern haben.
Wenn die Milben sich über einen gewissen Zeitabschnitt hinweg "besinnen" sollten, kannst du dich über "normale" Milben freuen.
manne
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