Flugblatt-Entwurf




Flugblatt-Entwurf

Ungelesener Beitragvon hanjoheyer » So 31. Jul 2011, 07:26

Entwurf eines "Flugblattes", das nicht verteilt wird....

29.6.2008: Honig aus Dienstweiler


Als ich Ende April 2007 die gelben Meere der Rapsfelder um Dienstweiler durchstreifte, bemerkte ich, dass trotz der Schönheit unserer Landschaft etwas Entscheidendes fehlte: Bienen! Ich erinnerte mich an frühere Zeiten, als die blühenden Felder von einem allgegenwärtigen Summen erfüllt waren und fleißige Bienen von Blüte zu Blüte flogen, um wertvollen Nektar zu sammeln.

Alles vorbei! Es gab keine Bienen mehr in Dienstweiler! Es gab sie ebenso wenig wie Rüben-, Hafer- und Gemüsefelder. Selbst Kartoffelfelder sind kaum noch zu finden. Dabei ist Dienstweiler noch gut dran. In anderen Gegenden ist die Verringerung der Vielfalt wesentlich fortgeschrittener.

Wie ist es zu erklären, dass unser Wohlstand seit dem Krieg von Jahr zu Jahr zugenommen, aber der Reichtum der Natur in katastrophalem Ausmaß abgenommen hat? Die Antwort lautet: Straßen, Flug- und Schiffsverkehr. Je mehr Verkehr wir haben, desto mehr Waren aus entfernten Regionen werden dem Preisvergleich mit hier produzierten Gütern unterzogen. Der Billigste setzt sich durch. So produziert jede Gegend am Ende der Entwicklung nur noch die sehr wenigen Produkte, die sie unschlagbar billig auf dem Weltmarkt anbieten kann. Damit auch die Billiganbieter noch etwas an ihren Produkten verdienen, mindern sie die Qualität der Produkte, sobald sie den Markt erobert haben. Der Trend ist eindeutig: Fleisch und Kartoffeln werden wässriger; Honig wird gepanscht, gefiltert, erhitzt; Autos, Fernseher und Computer werden zu Wegwerfartikeln.

Das System aus Preisdumping und Qualitätsverschlechterung funktioniert freilich nur, wenn der Transport der Waren subventioniert wird - wenn Straßenbau, Schiffsdiesel und Flugbenzin vom Staat bezuschusst, bzw. steuerlich begünstigt werden. Fiele die Subvention des Verkehrs weg, würde die Konkurrenz weit transportierter Lebensmittel ausfallen - und unsere Land(wirt)schaften würden nicht veröden.

Die derzeit angelaufene Privatisierung (=Verteuerung) der Straßen(-Nutzung) sowie die Benzinverteuerung wirkt der Globalisierung und Verödung des Lebens entgegen. Bald lohnt sich der „Tante-Emma-Laden“ um die Ecke wieder.

Je ärmer die Landschaft, desto mehr Einsatz von Giften auf den Feldern ist nötig. Monokulturen überleben nicht ohne Gift. Das Gift treibt die Verarmung der Artenvielfalt weiter voran. Ein Teufelskreis, entstanden aus Ignoranz gegenüber der Natur, welche Monokultur meidet und infolgedessen mittels Krankheit auszumerzen sucht.

Viele Menschen haben diesen Teufelskreis durchschaut und suchen nach Auswegen. Sie ziehen Bio- oder Ökoprodukte den "konventionell" erzeugten Lebensmitteln vor (obwohl konventionell erzeugte Lebensmittel eigentlich die biologisch erzeugten waren und sind. Unser Maßstab hat sich bereits auf verheerende Weise verändert). Biokartoffeln aus Ägypten freilich sind nicht die richtige Antwort auf unser Problem. Die Kartoffeln selbst mögen "bio" sein, aber der Transport hierher ist sicher nicht "bio"!

Kartoffeln aus Ägypten bedeuten verschwendeten Treibstoff, der das Weltklima zusätzlich belastet und weiterer Verarmung der Artenvielfalt Vorschub leistet. Honig aus Kanada, Argentinien oder China sind nicht gesund, da wir die Abgase der Transportmittel einatmen müssen. Hinzu kommt, dass zB kanadische Honige mit Pollen genveränderter Pflanzen verseucht waren und folglich in Deutschland ihre Zulassung als Lebensmittel verloren. Sie erlangten sie erst wieder, nachdem deutsche Honigimporteure die Pollen aus diesen Honigen herausfilterten. Pollenfreier Honig ist allerdings kein vollwertiger Honig. Chinesische Honige ("Import aus nicht-EG-Ländern") können nicht gesünder sein, als die großflächig vergifteten Landschaften Chinas. 80 % aller Flüsse und Seen in China sind zu giftigen, stinkenden Kloaken verkommen. Chinas Umweltexperten schreiben von der Selbstvergiftung der Chinesen. Honige aus den USA und sicher auch vielen Dritteweltländern sind zudem mit Faulbrutsporen verseucht, die zwar für den Menschen unschädlich sind, aber immer wieder Erregerherde für diese schlimme Bienenkrankheit sind. Die amerikanische Faulbrut breitet sich in Deutschland immer wieder aus, ausgehend von (nicht bienendichten) Honigfabriken, die Importhonige verarbeiten, und von Müllplätzen, auf denen von Hotels entsorgte angebrochene Honigtöpfchen liegen und die von Bienen ausgeleckt werden. Importe von Honigen, die nicht auf Faulbrutsporen untersucht wurden, sollten verboten werden. In den USA werden die Bienen zudem vorsorglich mit Antibiotica und anderen Medikameten, die dann in Spuren im Honig nachzuweisen sind, behandelt, was in Europa zum Glück verboten ist. -

Außerdem müssen die Importeure die ethische Frage beantworten, ob es gerechtfertigt ist, billigen Honig (und andere Lebensmittel) aus armen Ländern zu importieren, was deren Inland-Preise derart in die Höhe treibt, dass die Einheimischen sich ihre eigenen Produkte nicht mehr leisten können. Was hat indischer Honig auf unseren Tischen zu suchen? Die Inder brauchen ihren Honig selbst! Die deutschen Importeure haben nicht das moralische Recht, den Armen das Wenige, das sie haben, derart billig abzukaufen, dass sie der Armut nicht entkommen können. Dieser Art von Handel ist nicht fair, sondern Erpressung.

Erpresst werden allerdings nicht nur die Imker armer Länder. Die Billigimporte ruinieren auch hier die Preise, sodass auch hiesige Imker nicht kostendeckend arbeiten können.

Was ist die Lösung des Problems der Verarmung, das uns alle angeht? - Die Lösung lautet: Lokal leben, lokal produzieren, lokale Erzeugnisse konsumieren!

Nachdem ich mir Anfang Mai 2007 die ersten Bienenvölker angeschafft hatte, erfuhr ich zu meiner Überraschung, dass die Bienen selbst demselben unseligen Mechanismus der Verarmung ausgesetzt wurden, wie unsere Landschaft und Landwirtschaft als Ganzes. Die Bienen werden auf Hochleistung gezüchtet: die Besten der Besten werden hundertfach vermehrt, die Zweitbesten werden bereits als Verlierer gesehen.

Die Folgen der Inzucht dürfen wir bei den Zeitungs- und Fernseh-Horrormeldungen der letzten Jahre bestaunen: Immer häufiger werden Massensterben an Bienen (und Imkereien) beklagt. Die Verarmung schreitet voran.

Meine Lösung des Verarmungsproblems musste aus diesem Grund erweitert werden. Es konnte für mich nicht mehr nur darum gehen, Bienen zu halten und "lokal" Honig zu produzieren, sondern auch darum, der genetischen Verarmung des Biens entgegenzuwirken. Auch die Biene muss "lokal" werden.

Die natürliche Biene tut alles, um Inzuchtschäden zu vermeiden: Die Jungköniginnen werden nicht von eigenen Drohnen im Bienenstock begattet, sondern begeben sich auf einen Hochzeitsflug, damit Drohnen anderer Völker zum Zuge kommen. Drohnen sind Vagabunden. Sie ziehen mitunter über Dutzende Kilometer von Stock zu Stock, damit es ja nicht zu Inzucht kommt. Diese genetischen Anlagen zur Inzuchtvermeidung haben sich beim Bien in Jahrmillionen herausgebildet, weil er nur auf diese Weise langfristig überleben und sich entwickeln kann. Züchter, die dieses Bienenverhalten ignorieren, ja konterkarieren, sind Falschzüchter. Ihr Werk ist zerstörerisch. Leider haben sie das Sagen, weil sie das Geschäft mit dem Verkauf von „Reinzuchtköniginnen“ machen und Einfluss auf die Politik nehmen, um sich ihr Geschäft nicht vermiesen zu lassen. Landbienenhalter können keine großen Geschäfte mit ihren Königinnen machen, da sie nur regional gehandelt werden können.

Ich entschloss mich zur Landbienenzucht. Über Internetrecherche fand ich Gleichgesinnte; schließlich konnte ich kaum der Erste sein, dem das Problem auffiel und der nach einer Lösung suchte. Es gibt im Imkereiwesen die "Union der Basiszüchter", eine Organisation, die sich um die Zucht der Landbiene verdient macht.

Die Landbiene ist keine künstlich mutierte Hochleistungsbiene, die durch Kreuzung und Auslese (Inzucht) aus Rassen ferner Länder entstanden ist und damit ihr wichtigstes Gut, eine stabile Gesundheit durch Anpassung an unser Klima und unsere spezifische Vegetation, verloren hat. Sie ist eine Biene aus der Region, die mit dem regionalen Klima bestens zurechtkommt. Nur eine akklimatisierte Biene kann in dieser Region dauerhaft überleben. Nur die Landbiene ist eine akklimatisierte Biene.

Wir sehen, es geht den Bienen nicht anders, als den Menschen. Auch entwurzelte Menschen werden krank, wie wir wissen.

Leider gibt es die akklimatisierte Landbiene in dieser Region nicht mehr. Leider ist es seit 150 Jahren modern, sich hin und wieder eine Hochleistungskönigin zB aus Gebieten südlich der Alpen (mit Anpassung an das trockenere Kontinentalklima) zu kaufen oder den selbstgezogenen Königinnennachwuchs nicht am Bienenstand frei begatten zu lassen, sondern die Begattung an ausgewählten "Belegstellen" von nicht akklimatisierten Hochleistungsdrohnen ausführen zu lassen. Die Akklimatisation unserer heimischen Biene wurde dadurch leider zerstört. Leider wusste man bis in die nahe Vergangenheit nichts um den Wert der Akklimatisation. Erst die immer häufiger auftretenden Massensterben der Bienen gaben der Bienenforschung die entscheidenden Hinweise.

(19.6.2011: Anmerkung: Man wusste durchaus um den Wert der Akklimatisation, aber die Züchter wollen Geschäfte machen und ihre angeblichen Superköniginnen verkaufen. Das geht leider nur bei Mißachtung der Wichtigkeit der Akklimatisation der Biene. Wenn es ums Geld geht, lässt man seinen Sachverstand gern mal an den Realitäten vorbeidenken. Die Ideologie des Geldes ist gegenüber anderen Ideologien meist dominant.)

Der überregionale Bienenhandel hat die (Akklimatisation der) Landbiene zerstört und hat die Biene zudem mit einem Schmarotzer aus dem fernen Asien, der Varroamilbe, infiziert, die unsere Biene an den Rand des Aussterbens führt, wenn nicht sofort entschiedene Schritte unternommen werden. Viele Imker haben ihre Bienenhaltung aufgegeben, weil sie es einfach nicht mehr ertragen, ihre Bienen mit Medikamenten am Leben zu halten, mit deren schädlichen Nebenwirkungen diese immer schlechter zurechtkommen. Die Milben werden immer resistenter, die Bienen immer schwächer. Schädlingsbekämpfungsmittel und neuerdings genmanipulierte Pflanzen, die ihre Schädlingsgifte selbst produzieren, (an die sich die Schädlinge besser als die Bienen anpassen), kommen erschwerend hinzu.

13.10.10: Auf die Bienenwissenschaft ist kein Verlass. Da sie ihre gut bezahlten Forschungsaufträge meist aus der Industrie erhält, verharmlosen sie die Wirkungen der Pestizide auf den Bien und schieben die Ursache der immer häufiger werdenden Massensterben auf die Varroamilbe. Und was diesen Schädling angeht, verhindert die Bienenwissenschaft die natürliche Entwicklung des Biens zur Varroaresistenz, bzw. -toleranz. Obwohl es heute bereits varroatolerante/resistente Bienen gibt - man recherchiere (oder lese in diesem Forum nach) über den französischen Berufsimker John Kefuss. Außerdem kenne ich einen Imker aus Ostdeutschland, der seine Bienen seit 1993 nicht mehr gegen Varroose behandelt - verschweigt die Wissenschaft diese sensationellen Ergebnisse und entwirft nichtfunktionierende Zuchtprogramme für die nächsten 50 Jahre, die sicher viel Forschungsgeld kosten (und der Wissenschaft einbringen) werden. (Ich verweise auf "die Biene" Nr. 9/2010, S. 10).-

Die Zeiten sind für Bien und Imker durchaus nicht rosig. Für mich war dies kein Grund aufzugeben, bevor ich mit der Imkerei begann, sondern ein Grund, erst recht damit ernst zu machen.

Seit dem Frühjahr dieses Jahres 2009 züchte ich auf die "Hunsrücker Landbiene" hin - die ersten fünf Jungvölker mit standbegatteten, selbstgezogenen Jungköniginnen sind aus den fünf überwinterten Völkern hervorgegangen, sodass ich nun zehn Völker habe - und am 21. Juni füllte ich die ersten 56 Gläser mit in Dienstweiler und Umgebung gesammeltem weißem, cremigen Honig, bestehend vorwiegend aus Löwenzahn und Raps. In vier Wochen erwarte ich die Sommerernte, vorwiegend vom Klee. (Es wurden nur 14 Gläser flüssigen Honigs.). 13.10.10: Ich habe nun 21 Völker. Meine Honigernten sind beträchtlich gestiegen (245 kg v. 11 Völkern), aber dieses Jahr habe ich erstmals einige Bienenvölker in meinem Bestand identifizierten können, die eine starke Tendenz zur Varroatoleranz/Resistenz aufweisen. Im Jahre 2011 erweiterte ich den Bienenbestand auf 24 Völker, da ich hohe Verluste durch die Milbe erwarte.

Ich hoffe, dass die gezielte Landbienenzucht im Kreis Birkenfeld (und darüber hinaus) viele Anhänger finden möge, denn nur in gemeinsamer Anstrengung möglichst aller Imker ist die gesunde Biene und ein gesunder Honig zu erhalten. Wir dürfen unsere imkerliche Betriebsweise nicht vom ökonomischen Denken der Großhändler und deren Zulieferer vergiften lassen. Unser Wohl ist mit dem Wohl der Honigbiene eng verknüpft! Nicht nur die Biene, auch wir können in vergifteter Umwelt nicht leben! Zuerst stirbt die Biene, dann - weil wir höhere Giftdosen vertragen - der Mensch.

In bin nicht bereit, die allüberall in Deutschland grassierende Resignation bezüglich Erreichbarkeit einer Varroaresistenz unserer Bienen innerhalb weniger Jahre hinzunehmen. Wie ist es nur möglich, dass alle Imkerkollegen fest davon überzeugt sind, dass mein dreigliedriges Projekt zum Scheitern verurteilt sei?

1. Man hält die Landbiene für minderwertig
2. Man glaubt nicht an die Machbarkeit der Wiedereinführung der hier ehemals heimischen Braunen.
3. Man ist davon überzeugt, dass es innerhalb der kommenden 50 Jahre keine varroaresistente Biene geben wird.

Ich trete hiermit an, diese drei Vorurteile zu bekämpfen. Ich werde beweisen, dass diese Vorurteile falsch sind. Wenn wir zusammenhalten und wenn wir es wollen, können wir innerhalb weniger Jahre eine varroatolerante Landbiene und innerhalb weniger Jahrzehne eine neue, dunkle, an unsere Landschaft angepasste, akklimatisierte Landrasse haben.
hanjoheyer
 
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